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Danke für Raum zum Blühen

Nach 36 Jahren verabschiede ich mich als Kirchenmusikerin der Evangelischen Kirchengemeinde Bergisch Gladbach in den Ruhestand.

Es hätte wohl niemand – ich am wenigsten – erwartet, dass es eine so lange, reiche Zeit werden würde, als ich im Juni 1986, zunächst für ein Jahr, die Nachfolge von Kantorin Margret Gräber übernahm. Sie war 33 Jahre an der Gnadenkirche tätig gewesen, solch eine Zeitspanne war mir unvorstellbar!

Als nach dem ersten Jahr die kirchenmusikalische Arbeit auf den Bezirk III Heidkamp ausgedehnt wurde und dauerhaft besetzt werden konnte, war es aber schon keine Frage mehr, dass ich in Bergisch Gladbach bleiben wollte und sollte. Im Chor der Gnadenkirche lernte ich meinen Mann Ulf Stahlke kennen.

Für uns und unsere drei Kinder wurden Bergisch Gladbach und die Kirchengemeinde innere und äußere Heimat.

Zum Orgeldienst an der Gnadenkirche und der Leitung des Chores der Gnadenkirche kam 1987 die Leitung des Chores an der Kirche Zum Frieden Gottes, die Gründung eines Jugendchores und des Ensembles Flötissimo hinzu.

Ein gewichtiger Schwerpunkt meiner Arbeit war die Mitgestaltung von Gottesdiensten und Amtshandlungen an der Orgel, mit den Chören und Solist:innen. Welch ein Reichtum, wenn die verschiedenen Elemente der Verkündigung in Wort und Ton ineinandergreifen und sich gegenseitig verstärken! Die Chöre der Gnadenkirche und der Kirche Zum Frieden Gottes wuchsen im Lauf der Zeit zur „Evangelischen Kantorei Bergisch Gladbach“ zusammen. 1995 gründete ich den „Jungen Chor“ QuirlSingers, später den Kinderchor Quirlspatzen und den Jugendchor Qteens. 1993 wurde das Kammerorchester Concertino ins Leben gerufen, dessen Leitung ich nach der Elternzeit übernahm.

So entwickelte sich ein kirchenmusikalisches Fundament, auf dem viele kleine und große Projekte aufgebaut werden konnten, die immer mehr auch in die anderen Bezirke der Kirchengemeinde und darüberhinaus ausstrahlten.

Das erste „große“ Konzert 1986 war die „Weihnachtshistorie“ von Heinrich Schütz, es folgten zahlreiche Aufführungen des Bach’schen Weihnachtsoratoriums, des Magnificats und der Johannespassion, die Weihnachtsgeschichte von H. von Herzogenberg, Händels Messias (der auch zu meinem Abschied noch einmal erklingen soll), Motetten und Kantaten von Mendelssohn u.v.a. und zahlreiche Kantaten von J. S. Bach in Gottesdiensten in Bergisch Gladbach und in der Antoniterkirche Köln. Sehr bereichernd war die Zusammenarbeit mit dem Komponisten und Kollegen Prof. Henning Frederichs, der lange Jahre als Organist an der Kirche Zum Frieden Gottes tätig war. Unvergessen sind die Aufführungen seiner „Ballade von Zweifel und Zuversicht“ auf Texte von Dietrich Bonhoeffer, sein „Engelskonzert“ und das Magnificat für Sopran und Orgel sowie mehrere Liederabende, die wir gemeinsam gestalteten.

Nach einer berufsbegleitenden Ausbildung zur Popkantorin 2002/2004 weitete ich das Repertoire der Chöre ins Zeitgenössische aus: die QuirlSingers zeigten Höchstleistung der szenischen, auswendig vorgetragenen Aufführung des Pop-Oratoriums „Eversmiling Liberty“, der Jazz-Kantate „The Little Mermaid“ von John Hoybye und dem für das Luther-Jahr 2017 komponierten Oratorium „Gaff nicht in den Himmel“ von Matthias Nagel. Gemeinsam mit der Evangelischen Kantorei und dem mit einer Band erweiterten Kammerorchester Concertino präsentierten wir u.a. im Altenberger Dom und in der Trinitatiskirche in Köln das Gospel-Oratorium „Prince of Peace“ von Ralf Grössler und 2016 das große Werk „Peacemakers“ von Karl Jenkins. Oft reichte der Platz in der Gnadenkirche oder der Kirche Zum Frieden Gottes nicht aus für die Vielzahl der Musizierenden, so dass wir öfter im ökumenischen Gleichklang in der katholischen  Laurentiuskirche zu Gast sein durften.

Ganz wichtig waren die „Heidkamper Kulturtage“. Im Team gestalteten wir mehrwöchige Festtage zu theologischen Themen. Die kollegialen und kongenialen Pläne und Veranstaltungen, z.B. die Aufführung von Mozarts Oper „Die Zauberflöte“, gehören zu den Höhepunkten dieser Zeit.

„Musik ist die Muttersprache des Menschen“

unter diesem Motto standen die jährlichen, offenen Chorworkshops und zahlreiche Begegnungen im Rahmen der Internationalen Partnerschaften unserer Gemeinde in Lugau, Bourgoin-Jallieu und Riesi. Die Musik als verbindendes Element half Sprachgrenzen zu überwinden, Menschen zu verbinden und Freundschaften zu stiften. Dies gilt besonders auch für den Kontakt zwischen dem italienischen Chor „Cinque Terre-People around“ und den QuirlSingers – aus dem sogar eine deutsch-italienische Ehe hervorging!

Meine Arbeit war eingebunden in die Zusammenarbeit mit kompetenten Kolleg:innen in der Gemeinde, in Konventen, in der Ökumene und im Chorverband der Ev. Kirche im Rheinland, dessen stellvertretende Vorsitzende ich bin.

Ich bin der Evangelischen Kirchengemeinde Bergisch Gladbach sehr dankbar,dass sie mir über so lange Zeit einen Wirkungskreis mit großer Gestaltungsfreiheit bot, in dem ich mit unzähligen Menschen unserer Gemeinde und für die Menschen zur Ehre Gottes singen und musizieren durfte. Von Herzen danke ich allen Sänger:innen und Musiker:innen, die unermüdlich mit mir musiziert haben, und besonders den Menschen, die unserer Musik zugehört haben und uns bestärkt haben. Besonders freut es mich, dass die Arbeit in vollem Umfang von einer neuen Person weitergeführt werden kann.


Dafür wünsche ich meiner Nachfolgerin alles Gute und und viel Kraft und der Gemeinde „ewige Freude“ an der Musica sacra.

Susanne Rohland-Stahlke